Interview zum Weltfrauentag 2021
Im Beruf erfolgreich und Mutter sein. Das ist auch heute immer noch oft ein Balanceakt – Gerade in diesen besonderen Zeiten mit Fulltime-Kinderbetreuung, Homeschooling und Kontaktbeschränkung. Wie lassen sich Familienleben und Beruf miteinander kombinieren? Müssen Frauen auf ihre Karriere, ein Weiterkommen im Job und Führungsverantwortung verzichten, wenn sie sich fürs Kind entscheiden? Wie lässt sich das alles vereinbaren und was sind die schwierigsten Herausforderungen?
Mirja Bernardy ist unser Head of HR der Thermengruppe Josef Wund sowie Head of Therme der Therme Euskirchen und damit in ihrer Position mitverantwortlich, welche Voraussetzungen im Unternehmen für Mütter geschaffen werden, um dieser Doppelrolle gerecht werden zu können:
Liebe Mirja, als Head of HR kennst du sowohl die Anforderungen unseres Unternehmens als auch die Herausforderungen von Bewerbern und Mitarbeitern bestens. Was denkst du: Was kann ein Unternehmen für Frauen tun, damit sie die Doppelrolle Familie und Job gut erfüllen können?
Mirja: Ich kann für meine Person sagen, dass für die Rollen die ich erfülle immer eine gewisse Flexibilität und Erreichbarkeit gegeben sein muss – und das von beiden Seiten. Also ist es gut, wenn ein Unternehmen für bestimmte Positionen Gleitzeit anbieten kann. Bedeutet, dass man sich den Arbeitsstart etwas flexibler gestalten kann, als um Punkt 7.30 Uhr bereits am Schreibtisch zu sein. Dies ist besonders hilfreich, falls der Kindergarten einmal geschlossen haben sollte oder das Kind krank ist. So hat man im besten Fall genug Zeit den Ablauf neu zu organisieren.
Was kann bzw. was tut unser Unternehmen, um Frauen zu unterstützen, ihren Beruf und Muttersein vereinbaren zu können? Selbstzweifel und Ängste spielen oftmals auch eine große Rolle. Wie kann das Unternehmen diese nehmen und die Frauen bestärken?
Mirja: Organisation ist auch hier ein wichtiger Faktor: wenn ein Unternehmen einer Mutter die Selbstorganisation weitestgehend überlassen kann, ist dies ein sehr großer Vorteil. Ich denke auch, dass man nicht pauschal sagen kann, was ein Unternehmen tun muss, um eine Mutter zu unterstützen. Für mein Gefühl ist dies zu 100% Dialog Arbeit. Ich, als Mitarbeiter, muss den Mut haben die Dinge zu äußern, die ich als Mutter und Führungskraft brauche und das Unternehmen muss schauen ob es mitgehen kann. Das Unternehmen muss sicherstellen, dass diese Äußerungen gehört werden. Ehrlichkeit und Vertrauen sind hier ganz entscheidend.
Natürlich können wir „Hardware“, wie bspw. Gleitzeit vorschlagen, voraussetzen oder liefern, aber am Ende des Tages ist – wie in meinem Fall – die Führungsrolle und das Mutter sein eine ganz individuelle Thematik in der der Arbeitgeber im besten Fall pro-aktiv in die Konversation mit der Mutter geht.
Familie und Job erfordert vor allem jede Menge Flexibilität. Was empfiehlst du konkret und welche Möglichkeiten bietet die Thermengruppe an?
Mirja: Wir sollten auch hier prüfen, ob es tatsächlich eine Führungsrolle als Mutter beinhaltet oder eine Rolle ohne Führungsverantwortung. Grundsätzlich ist es so, dass ich jede Mama ermutigen möchte in den Dialog mit der jeweiligen für sie verantwortlichen Person zu treten. Das ist für mich der wichtigste Punkt. Danach folgen Tools wie: Flexible Arbeitszeit, Gleitzeit, Mobile-Office (nicht parallel mit Home-Schooling – ist mir persönlich fraglich, wie jemand der Meinung sein kann, dass dies gleichzeitig funktioniert), usw.
Mirja, du selbst bist das beste Vorbild in deinem Unternehmen, denn du bist selbst Mutter einer 2-jährigen Tochter. Ganz ehrlich – wie schaffst du persönlich diesen Balanceakt?
Mirja: Ich möchte gar kein Vorbild sein – jeder kann seinen eigenen Weg finden.
Die erste Zeit war körperlich und auch psychisch eine große Herausforderung, da ein kleines Kind natürlich nicht versteht, wenn die Mama in 10 Minuten einen Termin hat und das Kind lieber noch eine Runde lesen oder spielen möchte bzw. dies auch gerne schon einmal um 5 Uhr morgens sein kann. Hier muss ich sagen, dass mir mein Mann und meine Familie eine sehr, sehr große Unterstützung waren und auch immer noch sind. Es ist großes Teamwork, wenn beide Elternteile berufliche Aufgaben mit dem Privatleben organisieren und ich bin sehr dankbar, dass wir das gemeinsam erfüllen dürfen und auch können.
Oftmals ist mein Tag bis auf die letzte Minute verplant. Auch die Zeit mit unserer Tochter bzw. meiner Familie ist geplant. Das bedeutet, es ist dann unsere Zeit. Natürlich bin ich jederzeit erreichbar – aber das Telefon liegt dann nicht die ganze Zeit in meiner Hand, sondern im Büro, so dass ich höre, wenn etwas Wichtiges sein sollte.
Ein wichtiger Punkt ist auch mein Team. Ich kann mich zu 100% auf unsere Kolleginnen und Kollegen verlassen, dass nimmt auch oftmals Druck aus verschiedenen Situationen. Teilweise sind hier auch sehr engagierte, ehrgeizige und hochmotivierte Mamas mit dabei, was mich sehr freut.
Last but not least: auch ich habe ein Team von Vorgesetzten, mit dem ich jederzeit über Veränderungswünsche sprechen kann und das hilft auch mir natürlich enorm.
Hast du ein paar Tipps, praktische Alltagstools oder Anregungen?
Mirja: Das hört sich jetzt banal an, aber in meinem Fall war ONE NOTE (#Werbung unbezahlt) ein Game-Changer. Da ich mein Smartphone immer dabei habe, kann ich auch hier kurze Notizen unterbringen, ohne nachher den Zettel zu suchen, wo ich es notiert haben. Gleichzeitig wird aber auch alles mit meinen anderen Endgeräten synchronisiert. Für den Alltag an sich würde ich sagen, dass es mir sehr hilft, den Tag und die Woche durchzuplanen. Grob würde ich somit sagen, ich versuche so digital wie möglich zu sein.
Zum Abschluss hast du noch einen Wunsch frei! Was würdest du dir selbst heute bezogen auf dein Kind und deinen Job am meisten wünschen?
Mirja: Gute Frage, für mich würde ich mir momentan nichts anderes wünschen. Ich versuche meistens, dass wenn mir eine Idee im Kopf herumgeistert, diese mit dem Team oder auch meinen Vorgesetzten zu besprechen, so dass ich eine evtl. Änderung möglichst schnell vollziehen kann.
Ich freue mich, dass wir als Unternehmen wenig Angst haben zu stolpern und somit gerne neue Wege gehen. Daher bleibt mir als einziger Wunsch, die Entwicklung weiterhin mitgestalten zu können und dass unser Mindset weiterhin so positiv bleibt, wie es ist.